Psychoanalysis in the Age of Coronavirus
PSYCHOANALYSE IN ZEITEN VON CORONAVIRUS?
Die Coronavirus-Pandemie (COVID-19) beeinträchtigt unser tägliches Leben, nicht nur in Österreich, sondern weltweit. Da uns die Psychoanalyse dabei behilflich sein kann, die individuellen und gruppenspezifischen Abwehrmechanismen zu beschreiben, die uns daran hindern, uns ernsthaft mit den derzeit drängenden Problemen auseinanderzusetzen, möchten wir Sie auf Überlegungen unseres italienischen Kollegen Cosimo Schinaia hinweisen, die er in seiner Arbeit “Psychoanalysis in the Age of Coronavirus " entwickelt.
Sie beruhen darauf, dass es unmöglich sei, über die individuelle Phantasie zu sprechen, ohne die kollektive Vorstellungswelt als Grundlage zu berücksichtigen. So sei es eine grundlegende Tatsache, dass individuelle und kollektive Vorstellungswelten in gegenseitiger Bedingtheit voneinander stehen. Darüber hinaus ist das Bild unserer Umwelt abhängig von den Vorstellungen, die wir von ihr in unserer inneren Welt haben. Generell gesehen, schwanken die Einstellungen der Menschen somit in der aktuellen Situation zwischen Panik und Gleichgültigkeit, Katastrophismus und Skepsis.
Spezifischer als jede andere Theorie und Praxis könnte Psychoanalyse erfassen, warum Menschen kaum in der Lage dazu sind, sich - im Angesicht einer Bedrohung, von der weder die Dauer noch die Gefährlichkeit abschätzbar sind - darauf einzustellen, was passiert ist, was geschieht und was noch geschehen könnte.
Spaltung, Intellektualisierung, Negation, Unterdrückung, Verdrängung und Verleugnung bieten eine Lösung, um jene Angst zu bewältigen, die aus dem Bewusstsein einer Gefahr entsteht, die nicht sofort gestoppt werden kann.
Kleinianisch ausgedrückt, scheint es, dass wir damit den Rückfall in die sogenannte "paranoid-schizoide" Position fördern können. Die Gefahr besteht darin, dass man nicht jeder "depressiven" Präventions- und/oder Reparationsmaßnahme Bedeutung beimisst und das Prinzip der Ethik des Zusammenlebens behindert. Schinaia verweist in diesem Zusammenhang auch auf Überlegungen von Anna Ferruta
https://www.cmp-spiweb.it/coronavirus-a-sphinx-of-modern-times/
Diese Überlegungen unterstreichen die Freude an der persönlichen Verantwortung als Gegenmittel, sozusagen als Antidot gegen das Gift von Angst und Gleichgültigkeit.
Diese Freude und die Fähigkeit, den Kontakt mit der emotionalen Erfahrung des Vertrauens in eine Betreuungsperson wieder herzustellen, kann uns erlauben, psychische Energien zu mobilisieren und sie dafür zu nutzen, uns selbst und andere Menschen zu schützen.
Lesen Sie mehr:
https://www.ipa.world/IPA/en/News/corona_papers.aspx
Anders als bei scheinbar lokal umgrenzten Phänomenen wie Kriege oder Hungerkatastrophen sind nun alle betroffen: und alle sitzen im selben Boot. Diese Lage ist neu – und sie erzeugt auf kollektiver wie auf individueller Ebene Angst und Aggression. Ein Interview dazu mit Marianne Leuzinger-Bohleber finden Sie unter
https://www.3sat.de/wissen/scobel/scobel-corona-demokratie-und-angst-100.html
Neu ist auch dass wir uns nicht vor einem konkreten Feind fürchten, sondern dass die Nähe zu Menschen uns allgemein unheimlich wird. Ein Gespräch mit Hans-Jürgen Wirth über Angst, ihre richtige Dosis und unseren Umgang damit finden Sie unter